Wenn es um die Verarbeitung von Verbraucherdaten geht, geraten die Schufa und andere Auskunfteien immer wieder in Kritik. Insbesondere die Frage, welche Daten für welchen Zeitraum gespeichert werden dürfen, rückt in den Fokus von kontrovers umstrittenen Diskussionen. Die Frage beschäftigt nicht nur Privatpersonen und Unternehmen, sondern auch zahlreiche Gerichte. Doch ist eine längere Datenspeicherung rechtmäßig?
Auskunfteien und Datenspeicherung
Obwohl viele Menschen ein negatives Bild von Auskunfteien wie der Schufa haben und sich durch diese kontrolliert und überwacht fühlen, erfüllt diese doch einen entscheidenden Zweck in der Wirtschaft: Unternehmen möchten wissen, wie die Bonität ihrer potenziellen Kunden ist, um die Risiken eines Zahlungsausfalls zu minimieren oder zu vermeiden. Zahlungsausfälle könnten nicht nur einzelnen Unternehmen schaden, sondern in der Vielzahl auch die Gesamtwirtschaft negativ beeinflussen und gefährden. Genau an diesem Punkt kommen Auskunfteien wie die Schufa ins Spiel, welche Unternehmen vor Vertragsabschluss oder Kreditvergabe mit Informationen über die Bonität ihrer potenziellen Kunden versorgen.
Wie funktioniert die Datenvermittlung?
Auskunfteien wie die Schufa, Creditreform & Co. sammeln und speichern Daten zu Personen sowie Informationen zu Bankkonten, Krediten oder Leasingverträgen. Aus diesen Daten wird ein Score berechnet, der die Bonität der betroffenen Person oder des Unternehmens widerspiegelt. Wirtschaftsauskunfteien bekommen die Kundendaten oftmals aus großen Netzwerken mit verschiedenen Vertragspartnern aus unterschiedlichen Quellen (beispielsweise von Banken, Vermietern oder Telekommunikationsunternehmen). Zudem können aber auch öffentliche Verzeichnisse wie beispielsweise Bekanntmachungen zu Insolvenzverfahren oder das Handelsregister als Datenquellen hinzugezogen werden. Daraus entsteht eine Datenvielfalt, die die Schufa AG dann zu einem aussagekräftigen Score verarbeitet.
Wer hat einen Anspruch auf die Datenlöschung?
Die Datenverarbeitung der Auskunfteien stützt sich auf das berechtigte Interesse der Betroffenen gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. F DSGVO. Somit kann sich kein Verbraucher dieser Praxis entziehen. Personen mit einer schlechten Bonität und einem geringen Score-Wert laufen Gefahr aufgrund dieser Eintragung einen gewünschten Kredit, einen Mietvertrag oder ein neues Auto nicht zu bekommen. In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder diskutiert, wie lange Auskunfteien gewisse Informationen speichern dürfen und wann diese konkret gelöscht werden müssen. Der Anspruch auf Löschung ist in Art. 17 Abs. 1 DSGVO kodifiziert.
Auch das KG Berlin hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt. Ein Kläger forderte die Löschung eines ihn betreffenden Eintrags im Kontext der Restschuldbefreiung gemäß Art. 17 DGSVO sowie eine erneute Eintragung und die Unterlassung einer Speicherung, nachdem er ein Insolvenzverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung durchlaufen hatte. Die Klage wurde vom Landesgericht Berlin abgewiesen und der Kläger verfolgte seinen Anspruch mit einer Berufung vor dem Landgericht Berlin.
Das KB Berlin wies dem Kläger jedoch kein Recht auf Löschung nach Art. 17 DSGVO zu, da die Datenverarbeitung über Restschuldbefreiung in Übereinstimmung mit der Bekanntmachung der Insolvenz gespeichert wurde und dies nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO rechtmäßig erfolgt sei. Da ein überwiegendes Interesse der Beklagten und der Vertragspartner besteht, sei die Verarbeitung der Daten rechtmäßig gewesen.
Aber worin besteht ein berechtigtes Interesse? Das berechtigte Interesse der Beklagten bestehe darin, die Kreditwirtschaft vor Verlusten zu bewahren und gleichzeitig auch Kreditinteressenten vor einer zukünftigen Überschuldung zu schützen. Somit richtet sich der Sinn und Zweck hinter Auskunfteien wie der Schufa in zwei verschiedene Wirkrichtungen: Zukünftige Kreditgeber und -nehmer sollen gleichermaßen geschützt werden.
Auf der anderen Seite war der Kläger der Meinung, dass die Datenverarbeitung unrechtmäßig erfolgte und das Landgericht darauf abgezielt hatte, dass nach einer Insolvenz das Risiko einer erneuten Insolvenz bestünde und somit Vertragspartner gewarnt werden müssen. Ein Negativ-Eintrag sei laut dem Kläger nur dann korrekt, wenn der Sachverhalt objektiv dargestellt und der Verbraucher tatsächlich (und im Gegensatz zu ihm) kreditunwürdig sei. Daher müsse die Teilnahme am Wirtschaftsleben höher gewichtet werden, sodass weitere Faktoren hätten berücksichtigt werden müssen.
Interessenabwägung
Das KG Berlin schloss sich der Entscheidung des Landgerichts an, sodass der Kläger keinen Anspruch auf Löschung erhielt. Der Kläger habe auch keinen Anspruch darauf, sich mit Menschen ohne Insolvenzverfahren gleichzustellen. Gleichzeitig kann sich der Kläger auch nicht auf § 3 Insolvenzbekanntmachung (InsoBekV) berufen, der besagt, dass die Restschuldbefreiung spätestens nach einem halben Jahr nach Rechtskraft der Entscheidung zu löschen ist. Aus diesem Gesetz schloss der Kläger, dass auch Auskunfteien die Informationen nach Fristablauf löschen müssten.
Das Gericht war der Meinung, dass die Vorschrift nicht auf den konkreten Fall anwendbar sei. Die Speicherfrist würde allein öffentliche Bekanntmachungen im Insolvenzverfahren betreffen, wobei es sich bei der Veröffentlichung von Daten auf dem Portal für Insolvenzbekanntmachungen um einen staatlichen Eingriff handele. Somit sind die Angaben für Menschen ohne Nachweis eines anerkannten Interesses auch nicht einsehbar. Diese Zugangshürden werden als Begründung gegen den Anspruch angeführt. Die Beklagte stelle nämlich die Informationen Dritter nur nach Bescheinigung eines berechtigten Interesses und gegen Entgelt zur Verfügung.
Das Gericht ergänzt zudem:
„Auch wenn diese Auskunftserteilung für die Betroffenen weitreichende wirtschaftliche Folgen haben kann, fehlt es gleichwohl bereits an einer vergleichbaren Interessenlage. Den wesentlichen Unterschied sieht das Gericht darin, dass in einem Fall ein Abruf der Daten allein zur Befriedigung der Neugier möglich ist, während im anderen Fall ein anerkennenswertes Interesse in jedem Einzelfall dargelegt werden muss. Die unterschiedlichen Interessenlagen gebieten daher keine Gleichbehandlung, sondern legen nach Auffassung des Senats eher eine differenzierte Behandlung nahe.“
Einzelfallentscheidung
Im Gegensatz zum KG Berlin bejahte das OLG Schleswig ein halbes Jahr zuvor einen Anspruch auf Löschung nach Ablauf der Sechs-Monats-Frist. Die Entscheidung des KG Berlin ist inhaltlich jedoch überzeugend, da der Unterschied zwischen Informationen, die öffentlich abrufbar sind und Informationen, die ausschließlich zu Glaubhaftmachung eines berechtigen Interesses herausgegeben werden, beleuchtet wird. Dies gilt insbesondere auch für die voneinander abweichende Eingriffsintensität der Datenverarbeitung. Obwohl sich das KG Berlin der Auffassung des OLG Oldenburg am 23.11.2021 angeschlossen hat, kamen sie nun zu einer gegenteiligen Entscheidung. Diese betont den sensiblen Umgang mit dem Anspruch auf Datenlöschung in besonderer Weise.
Insgesamt kann geschlussfolgert werden, dass es oftmals im Bereich des Datenschutzes zu einer Einzelfallabwägung kommt. Daher wird Unternehmen geraten, bei Ansprüchen auf Löschungen oder anderen Rechten in diesem Zusammenhang mit ihrem Datenschutzbeauftragten zu kooperieren. Denn die Gerichte agieren wenig stringent, zugleich ergibt sich aus dem Datenschutzrecht ein komplexer und ambivalenter Interpretationsbedarf.